Liebe EMMA-Redaktion,
gerade bin ich in einem meiner Social Media-Kanäle über den Artikel Ist etwa der Bauch noch da? gestolpert und zweifle nun sehr an meinem Sinn für Humor. Ihr müsst wissen, er ist sehr ausgeprägt bis schwarz – erst Recht, seitdem ich Mutter eines behinderten Kindes bin.
Der Artikel beschäftigt sich mit dem Trend zur Schlankheit, der gesundheitliche Risiken birgt – vor allem, während und nach einer Schwangerschaft. Ein wichtiges Thema, gar keine Frage. Doch es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte den Text gar nicht bis zum Ende gelesen. Das Intro ist Schuld. Dort heißt es: Denn es gibt etwas, das fürchtet manch werdende Mutter wie eine Behinderung des Kindes: in der Schwangerschaft fett zu werden.
Ich kann diesen Satz nicht fassen. Und auch nicht den Gedankengang – nicht einmal, wenn ich versuche, ihn ironisch oder sarkastisch zu interpretieren. Ich vermute, ihr wolltet damit polarisieren. Dagegen habe ich eigentlich nichts. Aber hier geht Ihr eindeutig einen Schritt zu weit. Euer Vergleich ist mehr als hinkend, er ist gestolpert und hingefallen. Der Vergleich ist geschmacklos.
Ihr bedient Euch eines Klischees, das von Themenfremdheit, mangelnder Empathie und Arroganz zeugt. Mich interessiert, auf welche Studie oder welche Zahlen Ihr Euch mit Eurer Behauptung bezieht. Ich selbst kenne viele Mütter und Frauen, die gerade schwanger sind – und kenne keine einzige, auf die Eure Beschreibung passen würde.
Ja, der Druck für Mütter ist groß. Wir sollen und wollen alles sein: attraktiv, gesund, beruflich erfolgreich, glücklich. Zu dieser Schablone passt natürlich ein nicht behindertes Kind besser als ein behindertes. Aber ich möchte Euch fragen: Ist EMMA nicht genau die Publikation, die Normalität und Perfektionismus hinterfragen sollte? Sollte nicht gerade ein Intro zu solch einem Text etwas feinfühliger formuliert sein? Was Ihr schreibt, zeugt weder von einer feministischen, noch von einer sozialen oder humanistischen Haltung.
In der Auseinandersetzung mit dem Thema Inklusion wird schnell klar, dass Feminismus eine Grundlage einer inklusiven Gesellschaft ist. Dass Publikationen, die sich selbst als feministisch bezeichnen, kein Fingerspitzengefühl beweisen, wenn es um Menschen mit Behinderung geht, stimmt mich besorgt.
Ich freue mich, wenn Ihr das als Anregung nutzt – vielleicht auch dafür, Leben mit Behinderung in der EMMA zu zeigen. Bei meiner Recherche durch die EMMA-Themen der vergangenen Monate tauchten weder Inklusion, noch Barrierefreiheit oder Behinderungen auf. Dabei ist dieses Themenspektrum gerade auch für eine feministische Publikation spannend: Wie leben Mütter mit Behinderungen? Welche Reaktionen bekommen werdende Eltern, wenn sie sich gegen Pränataldiagnostik entscheiden, weil für sie die Diagnose Behindertes Kind keinen Grund zur Abtreibung darstellt? Wie lösen Familien mit behinderten Kindern den erhöhten Aufwand an zu leistender Care-Arbeit?
Ihr seht, es gibt noch viel zu recherchieren und zu schreiben! Ich freue mich, wenn das in Zukunft mit etwas mehr Menschenfreundlichkeit in Eurer Redaktion geschieht.
Glücklich mit Bauch und behindertem Kind grüßt Euch:
Mareice
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