“Wir freuen uns über jeden, der durch die Tür spaziert, rollt, robbt oder getragen wird!”
Inklusive Krabbelgruppen

by Mareice Kaiser

Mareice Kaiser
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Das Angebot für kleine Babys und ihre Eltern für die Freizeit und zum Austausch ist groß: Von der Babymassage über Kinderturnen bis zum Pekip. Das Freizeit-Angebot für behinderte Kinder und ihre Eltern ist klein bis gar nicht vorhanden. In Berlin gibt es nun bald zwei inklusive Krabbelgruppen. Andrea Häfele arbeitet beim Verein Eltern beraten Eltern, leitet die Krabbelgruppe in Berlin-Schöneberg und erklärt im Interview, warum Krabbeln kein Kriterium zur Teilnahme ist.

Wie und wann wurde die Idee einer inklusiven Krabbelgruppe geboren?
Andrea Häfele: Unsere Krabbelgruppe gibt es schon ziemlich lange, sie wurde von Mitarbeiterinnen von Eltern beraten Eltern initiiert. Seit November 2013 habe ich die Leitung übernommen und nach ein paar Monaten war klar, dass wir die Gruppe teilen müssen. Die Nachfrage war und ist groß. Nun sind es zwei Gruppen, die wir in Kooperation mit dem Familienzentrum JeverNeun anbieten. Im August startet eine weitere Gruppe im Familienzentrum Menschenskinder in Friedrichshain.

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Du leitest die Krabbelgruppe in Schöneberg und wirst dabei unterstützt von Gaby und Mirjam. Welche Aufgaben habt Ihr?
Gaby ist im März 2014 dazugekommen, sie ist Physiotherapeutin, Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und hat 30 Jahre lang mit Säuglingen und Kindern mit körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen gearbeitet. Sie ist nun im Ruhestand und arbeitet ehrenamtlich mit. Mirjam ist Kommunikationsassistentin für Deutsche Gebärdensprache, Mutter von vier Kindern und arbeitet – neben ihrem eigentlichen Beruf – als Honorarkraft in einer Gruppe mit, in der zwei Mütter mit Hörbeeinträchtigung teilnehmen. Sie assistiert in Gesprächsrunden und beim Singen. Ich selbst bin Mutter von drei Kindern, eines davon mit 47 und zwei mit 46 Chromosomen, und arbeite bei Eltern beraten Eltern. Ich habe mit meinen Kindern verschiedenste Musikgarten-Pekip-Pikler-Krabbelgruppen besucht und singe gern.

Was bietet ihr an, das über eine “normale” Krabbelgruppe hinaus geht?
Uff, was ist schon normal? Also, durch unsere Besetzung habe ich eher die Eltern im Blick und bei Gaby sind die Kinder im Focus. Wir freuen uns über jeden, der durch die Tür spaziert, rollt, robbt oder getragen wird!  Und in der einen Gruppe setzen wir natürlich bei Liedern sehr viele Gebärden ein. In unseren Vorstellungsrunden sagen wir nicht nur Alter und Name des Kindes, sondern wenn es eine Besonderheit gibt, wird diese auch kurz erläutert, damit alle wissen, wie sie sich am besten begegnen.

Wie alt sind die Kinder, die zu euch kommen?
Zur Zeit sind die Kinder zwischen sieben Monate und knapp drei Jahre alt. Letztes Jahr waren zwei ganz kleine dabei, fünf und sechs Wochen alt, die sind dann geblieben bis sie mit eins zur Kita kamen.

Was ist, wenn ich ein Kind habe, das drei Jahre alt ist, aber noch nicht krabbelt und ich als Mama suche Austausch? Dürften wir auch kommen?
Dann seid ihr herzlich Willkommen! Generell gilt: Vorher anrufen, anmelden und alles wichtige Absprechen, so dass wir uns so gut wir können darauf vorbereiten können. Das Wort Krabbelgruppe ist aus Mangel eines besseren Wortes gewählt, Baby/Kleinkind/Eltern-Kind-Treff…?

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Manche behinderte Kinder brauchen eher Ruhe als andere herumspringende Kinder. Gibt es eine Möglichkeit der Ruhezone?
Wir stellen uns immer auf die Bedürfnisse der Kinder ein. Wenn zu viele Kinder da sind, gibt es eine längere Beobachtungsphase in der Spielzeit, es gibt die Möglichkeit, den Raum nach den Bedürfnissen der Kinder aufzubauen. Wir gucken jedes Mal neu, wer ist da, was gebraucht wird und gewünscht und gefordert.

Gibt es Berühungsängste zwischen den Kindern und den Eltern?
Oder ist Inklusion ganz einfach?
Zu Beginn im November 2013 war ich manchmal unsicher: Braucht der Vater im Rolli ein Kissen, wenn er sich auf den Boden legt? Wie spreche ich natürlich, aber trotzdem deutlich und klar?
Doch wie immer ist es das einfachste, alle direkt und sofort anzusprechen, sobald eine Unklarheit da ist. Die Eltern und Kinder sind sehr offen, es sind ja sowohl Kinder und Eltern mit und ohne Behinderung, mit und ohne Migrationshintergrund, Regenbogenfamilien, Alleinerziehende, junge und alte Eltern, es gibt keine Berührungsängste. Die Vielfalt der teilnehmenden Eltern und Kinder ist bei uns selbstverständlich und kein Thema.  Nur wenn ich Außenstehenden davon erzähle, dann merke ich, dass solche bunten Gruppen eher selten sind.

Welchen Wunsch hast du für eure Krabbelgruppen?
Es läuft gerade sehr gut, aber ab Sommer gehen drei Kinder mit Beeinträchtigung in die Kita, dann und auch sonst freuen wir uns über Nachwuchs!

Vielen Dank für das Gespräch!

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Kinder mit und ohne Beeinträchtigung von null bis zwei Jahren und ihre Eltern können an den Krabbelgruppen teilnehmen. Es wird gemeinsam gesungen, gespielt und zusätzlich gibt es Raum für Elterngespräche, sowie Input und Austausch.

Krabbelgruppe Friedrichshain:
Freitags, ab 21. August 2015
10.00 – 11.00 Uhr: Liege-, Robb- und Krabbelkinder (von 0 bis ca. 12 Monaten )
11.30 bis 12.30 Uhr: Krabbel- und Laufkinder (ab ca. 12 Monate)

Familienzentrum Menschenskinder
Fürstenwalder Str. 25
10243 Berlin
Tel.: 030 545 949 06
Email: Leitung-FamilienZentrum@menschenskinder-berlin.eu

 

Krabbelgruppe Schöneberg:
Donnerstags
11.30 bis 12.30 Uhr: Krabbel-­ und Laufkinder (ab ca. 12 Monate)
12.45 bis 13.45 Uhr: Liege-­, Robb­- und Krabbelkinder von 0 bis ca. 12 Monaten)

Familienzentrum JeverNeun, eltern@nbhs.de,
oder Eltern beraten Eltern, mail@eltern­-beraten­-eltern.de, Tel.: 030­ 821 67 11

 

Die Teilnahme ist kostenlos, aber nur nach vorheriger Anmeldung in den Familienzentren möglich.

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