Und wie machst du das, Anna?

by Der Mutterfragebogen

Der Mutterfragebogen
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Ich habe Anna online kennengelernt. Eines unserer ersten Gespräche handelte davon, wie wichtig es ist, dass Kinder mit Behinderung sichtbar sind – auch online. Sie schrieb mir: “Ich habe hier auf Insta mehr alike-Eltern von behinderten Kindern “getroffen” als in den verschiedenen Krabbelgruppen hier vor Ort.” Social Media kann für Menschen, die im echten Leben oft übersehen und überhört werden, eine Bühne sein. Eine Bühne, die zu Sichtbarkeit und Austausch genutzt werden kann. Eine Bühne, die Gemeinschaft und Bewusst sein schafft. Das alles tut Anna auf ihrem Instagram-Account. Sie schreibt über den Alltag mit drei Kindern, davon zwei mit Behinderung, Rassismus und Bratensoße. Uns erzählt sie, wie sie es macht.

“Ich bin viel besser, als ich es je für möglich gehalten habe. Ich bin ‘ne großartige Mutter. Ich bin ‘ne Queen! Und mit jedem Jahr werde ich besser, mit jeder Krise, mit jeder Hürde.”

 

 

Name: Anna Mendel

Alter: 38

Mutter von: Simon (5), Lukas (4) und Maya (4 Monate)

Beruf: Assistentin der Geschäftsleitung in Teilzeit

Wie war dein Leben, bevor deine Kinder kamen?

Sehr freizeitlastig. Kino, Konzerte, Brunchen gehen, Geburtstage groß feiern. Und natürlich viel spontaner. Einmal sind mein Mann und ich an einem Sonntag drei Mal ins Kino gegangen, sind von Kino zu Kino getingelt und haben zwischendurch irgendwo Burger zu Abend gegessen. Wenn wir nicht unterwegs waren, haben wir Seriensonntage und Filmemarathons gemacht. Ich war in den Jahren von 2010-2015 als Backbloggerin aktiv, das Internet kannte mich als „Anna im Backwahn“. Ich wurde auf Events eingeladen und habe ungefähr 100 Torten gebacken und 500 Artikel geschrieben. Das ganze wurde schon in der ersten Schwangerschaft weniger, weil der Bauch beim Tippen im Weg war und irgendwann ist es eingeschlafen.

Meine Arbeit hat trotz 37,5h pro Woche wenig Raum in meinem Leben eingenommen. Sie war zum Rechnungen bezahlen und Krankenkasse haben da.

Wie sieht dein Alltag heute aus?

Im Moment bin ich in Elternzeit mit unserem dritten Kind, also Care Arbeit all day long, 24/7/365. Unsere Wochen sind in 4/3 eingeteilt, da mein Mann eine Vier-Tage-Lohnarbeitswoche hat. Fr, Sa und So sind bei uns Wochenende.

Unter der Woche geht mein Mann um 6:45 Uhr aus dem Haus und ist frühestens um 18 Uhr daheim. Morgens haben wir zu dem Zeitpunkt schon Baby versorgen, Großen wecken, Frühstücken und Kindergarten-Rucksäcke herrichten hinter uns. Danach bin ich für alles zuständig. Die Großen gehen dann in den Kindergarten. In ihrer Abwesenheit muss ich alles erledigen, was geht. Neben Haushalt, Baby und sonstigem Management rund um eine Familie gehört hier auch die Arbeit als doppelte Pflegeperson für die beiden Großen dazu: Termine mit dem Sanitätshaus, Ärzten, Therapie, SPZ ausmachen und wahrnehmen, Formulare und Anträge ausfüllen oder auch ganz einfach Gedanken machen. Gedanken darüber, wie wir unseren Alltag effektiver organisieren können, Gedanken darüber, ob wir je wieder in Urlaub fahren können, solange der Mittlere ein Rehabett braucht, Gedanken darüber, ob der Große heute wieder einen Meltdown im Kindergarten hat.

Wann und wie hast du von den Behinderungen deiner Kinder erfahren?

Simons Diagnose der Autismus Spektrumsstörung haben wir ab seinem dritten Geburtstag angestrebt. Mein Mann und ich waren uns schon lange einig, in Retrospektive sogar ab dem ersten Geburtstag, dass Simon irgendwie anders war. Ich konnte lange keine Bezeichnung finden, vor allem, da er oft als late talker bezeichnet wurde und zusätzlich mit 2,5 Jahren eine Hirnhautentzündung mit Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen hatte. Erst als er in den Kindergarten kam, wurde vor allem im Vergleich mit anderen Gleichaltrigen klar, dass er anders spricht, anders spielt, seine Umwelt anders wahr nimmt. Kurz vor seinem vierten Geburtstag (2019) ließen wir uns in vier SPZs in Stuttgart und Umgebung auf die Wartelisten für eine Autismus-Diagnostik setzen.

Kurz danach rief uns die Oberärztin des SPZs Maulbronn an, sie hätte durch Ausfall in 48h einen Termin, ob wir den haben wollen. „Hell yeah, natürlich wollen wir den haben!!“ Okay, das hell yeah haben wir uns nur gedacht. Der Termin war an einem Freitagnachmittag für 2h angesetzt und wir versprachen uns nicht so viel davon, das bringt ja bekanntlich die größten Enttäuschungen. Nach 90 Minuten sagte sie, dass es eigentlich noch einen IQ-Test, einen Ados und einige Eltern-Fragebögen bräuchte, aber wenn wir eine Diagnose haben möchten, kann sie uns die geben. Und so kamen wir zur Diagnose für Simon. Wir wussten immer, dass irgendjemand zu jeder Zeit die fehlenden Elemente der Diagnose einfordern kann. Und so kam es jetzt auch.

Im Zuge unseres Antrags auf sonderpädagogische Bildung ab Grundschulalter mussten wir mit ihm auch einen Termin in der KJP (Kinder- und Jugend Psychatrie) machen und dort gab man uns das positive Gutachten, meinte aber dass sie gern die Elternbögen und den IQ-Test nachholen würden. Beim Ados waren sie sich mit der diagnosegebenden Ärztin von vor zwei Jahren einig, dass er unnötig sei.

(Erklärung – Ados steht für Autism Diagnostic Observation Schedule, dt: Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen. In diesem Standard-Test wird die zu testende Person Situationen ausgesetzt, in denen mögliche autistische Verhaltensweisen zutage treten.)

Lukas‘ Diagnose der Trisomie 21 bekamen wir in der 15. Schwangerschaftswoche ganz klassisch nach Nackenfaltentransparenzmessung, großem Ultraschall und Bluttest. Da die Diagnose sich nach und nach aufbaute und mit jeder Untersuchung sicherer wurde, kam sie nicht wie eine Wand, die sich schlagartig vor uns aufbaute. Es war eher wie ein Anzug, den wir uns nach und nach anzogen und der recht schnell ganz gut passte.

Als unser wirklich sehr netter Pränataldiagnostiker mich anrief, um mir das Ergebnis des Bluttests (Harmony) mitzuteilen, saß ich gerade mit Simon bei unserer Tagesmutter zur Eingewöhnung. Ich weinte ganz kurz, schüttelte mich und sah sie an. Da sagte sie: „Ich halte ihm oder ihr gerne einen Platz ab dem ersten Geburtstag frei.“ Und so hatten wir mit der Diagnose auch gleich einen Betreuungsplatz.

Und besagte Frau sitzt gerade mit besagtem Kind im Kinderzimmer und ich höre nur „BAGGERBAGGER, WRUMMWRUM, bist du der Bauarbeiter?“ und lautes Lachen. Sie kommt bald seit zwei Jahren am Wochenende und in den Ferien als Einzelbetreuerin über die Lebenshilfe und sie ist ein Geschenk des Himmels.

Inwiefern ist dein Kind behindert (und welche Behinderung wiegt für dich am schwersten?)

Simons Behinderung ist sehr komplex, sein Verhalten ist in vielerlei Hinsicht „typisch“ autistisch. Überreizung bei Veränderungen und Abweichungen von routinierten Abläufen, Echolalie und damit eingeschränkte Kommunikation, Schwierigkeiten im sozialen Gefüge, starke sensorische Wahrnehmung rund um den Mund, Abwehr bei medizinischen Untersuchungen und allen pflegerischen Tätigkeiten rund um den Kopf.

Für mich wiegt besonders schwer, dass seine Strukturen daheim stark von mir abhängen. Alle wichtigen Stationen des Tages laufen über mich. Ich muss jeden Abend die Einschlafbegleitung mit demselben Ablauf machen, selbst wenn ich mal zu müde bin. Aber auch sonstige Abweichungen sind nicht möglich, wenn sie mit meiner Abwesenheit zu tun haben. Alleine duschen, zu Ärztinnenterminen oder mal ne Freundin treffen, wenn ich eigentlich zu Hause wäre, ist nicht möglich. Ich gehe jeden Abend mit ihm zusammen ins Bett, weil ich neben ihm liegen muss, falls er wach wird. Ich denke nicht viel darüber nach, was diese Fremdbestimmtheit mit mir macht.

Lukas‘ Behinderung ist vor allem körperlich und geistig. Seine kognitive Entwicklung hängt ca. 1-1,5 Jahre hinterher, er ist also auf dem Entwicklungsstand eines 2-Jährigen. Um genau zu sein, eines 2-Jährigen, der gerade in der Autonomiephase und im sehr kräftigen Körper eines 4-Jährigen steckt. Manchmal hat er Tage oder Wochen, in denen er in jeder wachen Minute umtriebig ist. Und mit umtriebig meine ich, dass er alle 10 Sekunden etwas von der Arbeitsplatte in der Küche zieht, den Wasserkrug ausschüttet, Dinge im Treppenhaus runter schmeißt oder seine Windel auszieht und den Inhalt verteilt. An diesen Tagen kann ich nichts anderes machen, weil ich mich nicht weiter als 1m von ihm entfernen kann. An solchen Tagen können wir nur Mahlzeiten einnehmen, weil ich ihn vor den Fernseher setze oder im Stuhl anschnalle, während ich was vorbereite. An solchen Tagen bin ich froh, wenn er abends die Augen zu macht.

Dazu kommt die non-Verbalität. Er kann Mama und Papa sagen und immer mal wieder sagt er ein Wort zu den Gebärden, die er beherrscht. Aber sein Frust ist groß, wenn er auf Dinge zeigt, die er haben will, und wir ihn einfach nicht verstehen. Mittlerweile zuckt er nur noch mit den Schultern, weil wir ihn ja sowieso nicht verstehen. Er tut mir so leid und auch mit Logopädie ändert sich nichts daran. Demnächst hat er einen Beratest unter Vollnarkose. Eventuell kommen gleich Röhrchen rein oder Mandeln/Polypen raus, wenn die Ärzt:innen schon drin sind. Ich erhoffe mir ein wenig Fortschritt danach. Aber bloß wieder nicht zu viel hoffen.

„Eine Mutter liebt am stärksten ihr schwächstes Kind“, so lautet ein schwedisches Sprichwort. Stimmt das?

Ich kann das nur ganz schlecht beurteilen, bis vor 4 Monaten hatte ich nur „schwache“ Kinder. Stand jetzt kann ich sagen, dass ich meine Kinder recht gleich liebe. Da sie sehr unterschiedliche Charaktere sind, zeigt sich das auch bei jede:r anders.

Ich glaube, ich würde das Sprichwort für mich umdrehen und es so interpretieren, dass das schwächste Kind am meisten Liebe braucht. Meine Interpretation wäre dann aber: immer nur temporär. Ich bin selbst als Schattenkind aufgewachsen und weiß, wie schnell man „vergessen“ wird, wenn alles gut bei einem läuft und man keine Hilfe braucht.

Welches ist dein glücklichster Moment am Tag mit deinen Kindern? Welches der anstrengendste?

Der glücklichste Moment mit Lukas ist, wenn ich ihn vom Kindergarten abhole. Er strahlt übers ganze Gesicht, er wirft sich mir in die Arme. Er ist so glücklich, wieder bei mir zu sein, dass ich oft fast ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich 20 Minuten zuvor gedacht habe: „Oh Mann, jetzt muss ich sie gleich schon wieder abholen.“ Der glücklichste Moment mit Simon ist morgens, wenn er wach wird, sich halb auf mich drauf legt und ich ihm das Stichwort gebe: „Guten Morgen, du kannst ruhig bauen gehen.“ Dann flitzt er los und verschwindet im Lego-Zimmer. Ich fühle sein großes Vertrauen, dass ich da bin, wenn er mich braucht und dass er gleichzeitig selbständig etwas machen kann, was er liebt. Später laufe ich am Zimmer vorbei und frage, ob er was braucht, und dann sagt er: „Nein, danke, Mama, ich hab alles, was ich brauche.“

Der anstrengendste Moment ist morgens das fertig machen, quasi alles nach dem Frühstück bis sich die Kindergartentür hinter ihnen schließt. In den 25 Minuten können meine Kinder eine Energie entwickeln, die je nach Ausmaß furchtbar anstrengend ist. Von Dinge kaputt machen, schubsen, treten, Schuhe wieder ausziehen, die ich mühelos an den Fuß gefriemelt hab, mit den schmutzigen Schuhen aufs Sofa, den Spiegel mit der Zahnbürste putzen, im Auto rumspringen, statt sich anschnallen zu lassen. Ich hab schon Schweißausbrüche nur vom dran denken.

Wie ist bei euch die Kinderbetreuung organisiert?

Die Großen gehen 27h pro Woche in einen Regelkindergarten, an zwei Tagen bis 15 Uhr, an drei Tagen bis 12:30 Uhr. Leider wurden uns aus diversen Gründen die Stunden gekürzt, man sagte, vor allem Lukas würde keine ganze Woche ganztags hinbekommen. Hmpf.

Die Kleine wird ab nächstem Jahr für ein paar Stunden pro Woche zur Tagesmutter gehen, aber ich bleibe die vollen drei Jahre in Elternzeit, um mir eine Selbständigkeit aufzubauen oder um mich weiterzubilden.

Im September diesen Jahres wird Simon in die Schule mit Tagesgruppe gehen und Lukas wechselt in einen Förderkindergarten mit Nachmittagsbetreuung. Beide werden dann mit dem Busshuttle geholt und gebracht. Ich verspreche mir ein bisschen Entspannung durch diese Veränderung. Die dann wahrscheinlich durch Schulstress wieder aufgebraucht wird.

Wie sieht dein Arbeitstag aus? Unter welchen Bedingungen kannst/könntest du Job und Familie miteinander vereinbaren?

An meinem aktuellen Arbeitsplatz bin ich mit 13 Stunden angestellt. Die habe ich bis zum Eintritt ins Beschäftigungsverbot März 2020 an 2,5 Tagen geleistet. Die restlichen Tage habe ich für alles Mögliche rund um die Pflegesituation der Jungs gebraucht und als Burnout-Prävention. Im Moment sehe ich nicht, wie das mit unserer Situation gehen soll.

Der Plan ist, in Zukunft von daheim zu arbeiten, wie man halt so vor sich hin träumt.

Wieviel Zeit hast du für dich – jenseits deiner beruflichen und familiären Aufgaben?

Tschuldigung, ich musste mich kurz vom Boden aufsammeln, wo ich vor lauter Lachen hin gefallen bin. In Minuten? 10 am Tag, wenn mein Mann schon mal mit den Kindern oben ist und ich noch Schokolade in der Küche in mich reinstopfe. Ne, mach 5 draus. Meistens häng ich noch Wäsche auf und bereite Fläschchen für die Nacht vor.

Fühlst du dich als Familie – speziell mit behindertem Kind – ausreichend von Politik und Gesellschaft unterstützt?

Nein. Zu wenig Unterstützung und zu viele Hürden. Familien wie unsere tauchen auf niemandes Bildschirm auf.

Drei Beispiele:

Lukas ist sehr infektanfällig. 15 Wochen Schnupfen am Stück und 8-12 Infekte inklusive Magen-Darm im Winter sind vor Corona nicht unüblich gewesen. Niemand käme auf die Idee, hier mehr Kinderkranktage zu bezahlen. Oder andere Unterstützung, damit man sich weder verschulden noch um seinen Arbeitsplatz als Eltern fürchten muss.

Oder im Kindergarten. Da bekommt Lukas für 10h eine Integrationskraft. 10h!! Wenn man mehr will, muss man umständliche Wege übers persönliche Budget gehen. Und selbst dann bekommt man nicht die volle Zeit über Unterstützung.

Oder unser Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis für Simon. Selbst nach Widerspruch bekamen wir nicht mehr als GdB 40. Nur weil man seine Behinderung nicht sieht und die Anzahl seiner Beeinträchtigungen nicht in ein kleines Feld passen, heißt das noch lange nicht, dass er keine Hilfe braucht.

Inklusion – was bedeutet das Wort für dich?

Schall und Rauch. Solange es so viel Anstrengung bedeutet, alle mitzudenken, wird es niemand tun. Nicht die Gesellschaft und nicht die Politik. Bis dahin feiern sich alle dafür, dass sie „den Jungen mit Down-Syndrom“ ja so toll in ihrer Mitte aufgenommen haben.

Bist du die Mutter, die du sein wolltest?

Nein, ich bin viel besser als ich es je für möglich gehalten habe. Ich bin ne großartige Mutter. Ich bin ne Queen! Und mit jedem Jahr werde ich besser, mit jeder Krise, mit jeder Hürde.

Wenn Du die Zeit zurückdrehen könntest: Würdest Du etwas anders machen, als Mutter und/oder als Mensch?

Als Mensch würde ich mich in Beziehungen nicht mehr so klein machen, weder in romantischen noch in freundschaftlichen oder familiären. Ich würde mehr an meiner Unabhängigkeit arbeiten, das war immer ein Problem. Ist es finanziell bis heute.

Ein Gegenstand Deines Kindes/ Deiner Kinder, den du ewig aufbewahren wirst?

Ich habe für jedes meiner großen Kinder einen kleinen Schaukasten gemacht. Da ist das Schild aus dem Krankenhaus drin, die erste Mütze, die Geburtskarte, die ersten abgeschnittenen Haare und ein Handabdruck aus dem Kindergarten. Maya bekommt auch noch so was. Die hängen im Flur und ich guck sie mir jeden Tag an. Wahrscheinlich kommt es mir dann wie ein Wimpernschlag vor, wenn sie alle erwachsen werden.

Die Kästen und ihre ersten Spieluhren mit der Melodie aus den Harry Potter-Filmen werde ich wahrscheinlich aufheben.

Welchen Satz kannst du einfach nicht mehr hören?

„Wie schaffst du das?“ oder „Warum habt ihr ein drittes Kind bekommen?“ da kann ich mich nur schlecht entscheiden.

Auf die erste Frage kann ich nur antworten, dass ich es nicht schaffe. Irgendwas kommt immer zu kurz. Meistens eben ich.

Die zweite Frage ärgert mich, weil sie uns so vieles unterstellt. Sie unterstellt, dass wir unsere Situation beschönigen würden. Sie unterstellt, dass unsere nicht-behinderte Tochter unter unserer Familienkonstellation leiden wird. Sie unterstellt, dass wir nicht in der Lage sind, unseren Kindern ein gutes Leben zu bereiten. Sie unterstellt, dass wir schlechte Eltern sind und schlechte Entscheidungen treffen.

Welche Träume hast du?

Anna Mendel, Autorin, Speakerin und Aktivistin.

Frau Mendel arbeitet neben ihren eigenen Buchprojekten als Kolumnistin und schreibt Gastbeiträge für verschiedene Online-Magazine. In ihrer Tätigkeit als Beraterin wird sie von Unternehmen konsultiert, die ihr Marketing und ihre Außenwirkung in Hinsicht auf Rassismus, Diversität und Sexismus hin überarbeiten möchten. Mit ihrem Vortrag „Wie erziehe ich meine Kinder anti-rassistisch?“ wird sie von Schulen und Kindergärten gebucht.

Privat plant Frau Mendel im Moment, ihr Haus in eine inklusive WG für eines ihrer Kinder umzukonzeptionieren. Ist dies vollzogen, wird sie mit ihrem Mann nach Rügen ziehen, um dort seinen Traum einer eigenen Gitarrenwerkstatt zu verwirklichen.

7 Kommentare zu “Und wie machst du das, Anna?

  1. Hallo Anna, lese gerade deine Geschichte in der Esslinger Zeitung. Meine jüngste von 4 Kid lebt mit komplexer Behinderung. Die größten Einschränkungen sind die bürokratischen Hürden- und das vergessen sein in der Gesellschaft. Alle reden über Pflege- aber dass man auch ein Kind pflegend kann- raus aus dem Job ist- das interessiert niemanden . Leider. Hab eeinen Elterntreff deshalb gegründet. http://www.rueckenwind-es.de . Wäre super wir könnten uns vernetzen da wir ja im selben Landkreis wohnen– der leider nicht viel Support bietet. Ursula Hofmann

  2. Danke liebe Anna für deine Offenheit und deinen Humor und es tut mir so gut als Mutter eines behinderten Kindes das zu lesen – vor allem das mit der Queen

  3. Danke für dieses Interview! So schön hier wieder lesen zu können. Texte von tollen Frauen. Texte die nun auch etwas länger sind.

  4. Vielen Dank für das Interview und für die großartige Einschätzung ihrerselbst! Wir Frauen sollten alle viel selbstbewusster sein!

  5. Danke schön!
    Freu mich so, wieder einen Mütterfragebogen zu lesen, die haben mir so geholfen! Und hilft auch jetzt wieder!
    Alles Liebe, Anna!

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