Happy Welt-Down-Syndrom-Tag!

by Anna

Mit dem heutigen Tag möchten wir und alle, die ihn feiern, auf Menschen mit Down-Syndrom aufmerksam machen. Der WDST 2023 steht unter dem Motto “Nicht ohn uns”. Wir möchten sie sichtbar machen, mit allen Rahmenbedingungen, die sie mitbringen, und allem, was sie sind und können und lieben, nicht trotz sondern mit Down-Syndrom. Wir wollen aufklären und Stereotype ersetzen, wir wollen zu Inklusion und Revolution anstiften.

Ihr findet heute unter den Hashtags #WDST oder #Worlddownssyndromday ganz viele Geschichten und Bilder von Menschen, die entgegen der üblichen Bezeichnung nicht an Down-Syndrom „leiden“, sondern ein gutes Leben führen und dies auch aktiv einfordern. Unter dem Motto „Rock your socks“ soll mit dem Tragen verschiedener Socken darauf hingewiesen werden, dass das Leben bunt ist. Genaueres lest ihr hier bei Jolinas Welt.

Auf dem Blog hat Martina auch eine Vorlage für den heutigen Tag erstellt, ihr findet sie hier. Vielen Dank dafür, Martina, und für deine unermüdliche Aufklärungsarbeit.

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Über (schulische) Integration in der Schweiz

by Simone

Heute begrüßen wir Nadine (Instagram: @inklu_do) mit einer weiteren Perspektive zum Thema inklusive Beschulung. Nadine berichtet von ihren Erfahrungen in der Schweiz. Ihre Tochter wird nun seit mittlerweile einem Jahr zuhause im Homeschooling beschult – Larina hat das Downsyndrom und ist 11 Jahre alt. Nadine berichtet sehr berührend über die Probleme mit der Inklusion, die ihre Familie ab dem Kindergarten dann begleiteten und warum sie sich letztlich für eine Beschulung zuhause entschieden haben.


Unsere Larina ist nun 11 Jahre alt, sie hat das Down Syndrom. Seit etwas mehr als einem Jahr unterrichten wir sie im Homeschooling. In einigen Kantonen der Schweiz ist das erlaubt, so auch bei uns in Bern. Wir haben ohne Probleme die Bewilligung bekommen. Aber so ganz freiwillig machen wir das nicht. Mir fehlen für Larina die Kindergruppe, der Turnunterricht, das gemeinsame Gestalten, die Lieder und Spiele, die Schulreise und einfach der tägliche soziale Kontakt. Den hatte sie mal! Sie durfte so selbstverständlich mit drei jährig in die Spielgruppe, wie vorher auch ihre beiden Geschwister. Die Kinder konnten mit ihr Inklusion lernen, sie hören, sie sehen, sie kennenlernen und sie ganz normal finden. Auch in der Kita hatten wir grosses Glück, Larina war voll dabei, ohne besondere zusätzliche Begleitung. Kein Wunder, dass auch der Kindergarteneinstieg hier im Dorf geglückt ist! Es war unglaublich berührend mitzuerleben, wie sich Larina jeden Morgen fröhlich vor dem Kindergarten in die Kinderschar einreihte! 6 Lektionen für eine Heilpädagogin wurden zu dieser Zeit als Maximum an Begleitung im Kanton Bern gesprochen. Trotzdem durfte Larina ihr Pensum bald aufstocken und fast so viel in den Kindergarten gehen, wie die anderen Kinder. Die grossen Mädchen nahmen sie so gerne mit ins Spiel und kümmerten sich rührend. Larina bekam auch Freundebücher mit nach Hause und wurde zu Geburtstagen eingeladen.

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Sandwichpflege – ein Gastartikel von Constanze

by Anna

Heute begrüßen wir Constanze Fortnagel (Instagram: @tim_tanzt_trotzdem) mit einem Thema, das für viele von uns vielleicht noch weit weg ist, aber schneller näher kommen kann, als wir glauben. Ich selber kenne Sandwichpflege aus meiner Familie, in der es einige Pflegegrade gab und gibt. Vielen Dank, Constanze, für eine weitere gefühvoll erzählte Geschichte aus der Community, der wir dringend zuhören sollten.

“Sandwichpflege”: Fürsorge zwischen dem eigenen, behinderten Kind und der chronisch kranken Mutter – eine emotionale Unvereinbarkeit

Am 15. November 2019 rief mich mein Vater an. Meiner Mutter ging es sehr schlecht und ich solle besser heim kommen. An diesem Tag wurde ich von einer pflegenden Mutter zur pflegenden Angehörigen in doppelter Ausführung. Aber ich beginne von vorn:

Mein Name ist Constanze, 37 Jahre alt, seit 9 Jahren verheiratet und Mutter eines 7-jährigen Sohnes. Mein Sohn Tim hat die Diagnose Autismusspektrumstörung. Schon früh merkte ich, da ist irgendetwas anders mit meinem Kind und trotzdem wollte ich es zuerst gar nicht so wahr haben. Vielleicht erkannte ich auch einfach von Berufs wegen nicht, was genau vor mir lag, denn als Sprachtherapeutin habe ich schon viele Jahre mit autistischen Kindern gearbeitet und kannte mich dementsprechend aus. Aber wie es oft so ist, ist die Betroffenheit beim eigenen Kind etwas völlig anderes. Ich habe getrauert, als die Verdachtsdiagnose zum ersten Mal ausgesprochen wurde. Ich habe getrauert und war gleichzeitig erleichtert, als die Diagnostik dann im Januar 2022 vollständig abgeschlossen war.

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Powerfrau, Supermom, Workingmom, pflegende Mutter – Gedanken zum Frauentag

by Simone

Ich bin eine Frau und ich bin eine pflegende Mutter. Meistens bin ich weniger Frau und mehr Mutter und ganz viel Pflege. Und es gibt Menschen, die finden, dass ich mich als Frau echt verändert habe in den letzen sieben Jahren, als ich Mutter wurde und dann auch noch pflegende Mutter. Ich wurde anstrengend. Vorher war ich angepasst und habe funktioniert. Ich hatte einen gesellschaftlich anerkannten Job, bin Akademikerin und einen intellektuellen Freundeskreis. Ich ging ins Theater, auf Reisen und diskutierte. Jetzt pflege ich. Frau bin ich immer noch. Aber ich stelle Ansprüche und Erwartungen, dass pflegende Mütter mehr Sichtbarkeit bekommen und mehr gesellschaftliche Anerkennung. Ich bin politisch geworden.

Jetzt finden Menschen mich unbequem. Sie nennen mich feministisch. Sie fragen, warum ich mich nicht einfach um mein Kind kümmere. Und, dass es doch normal ist, dass ich mein Kind pflege. Denn ich bin Mutter und Frau. Das sei doch meine Aufgabe. Warum regt es mich denn so auf, dass ich wegen der Pflege meines Kindes nicht mehr Vollzeit arbeiten gehen kann? Ich kann doch zufrieden sein. Ich habe einen Mann, der das Geld nach Hause bringt, der für uns da ist. Er sorgt für uns. Das ist doch gut. Und ich antworte trotzig: ich will aber arbeiten! Ich arbeite gerne und ich will mein eigenes Geld verdienen! Ich mag es, meinen Verstand zu beschäftigen. Ich gehe gerne arbeiten und ich will das selbst entscheiden dürfen. Und nicht fremdbestimmt werden, nur weil die Pflege meines Kindes so aufwendig ist, dass ich 4 Jahre nicht mehr arbeiten konnte, weil wir als Familie einfach überhaupt keine Unterstützung bekommen haben.

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Über Zugehörigkeiten, Zebras und eine Community am Rare Disease Day

by Simone

„Wenn Du Hufgetrappel hörst, dann denke alle an Pferde und nicht an Zebras.“ Eine Redewendung, die in der Medizin deutlich machen soll, dass häufige Krankheiten wahrscheinlicher sind als seltene, auch wenn die Symptome eines Patienten zu beidem passen würden. Für rund vier Millionen Menschen in Deutschland ist genau das ein Problem: Sie sind Zebras, denn sie haben eine seltene Erkrankung. So wurde das Zebra zum internationalen Symboltier für die seltenen Erkrankungen.” Quelle Willkommen in der Welt der Zebras am “Tag der seltenen Erkrankungen” 2023.

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Inklusionsgespräche – Podcastfolge mit “Selbsthilfe im Trend”

by Simone

Bárbara und Simone haben im Podcast “Selbsthilfe im Trend” mit der Moderatorin Sabine über Inklusion und Selbsthilfe aus der Perspektive pflegender Eltern gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, wie wir Selbsthilfe verstehen und wie wir persönlich als pflegend Mütter Selbsthilfe im (Pflege)Alltag leben. Und wir blicken auch auf die Bedeutung von inklusiven Strukturen für die Selbsthilfearbeit.

Pflegende Eltern sind oft “laut” auf sozialen Netzwerken. Schreiben über ihre Belange und knüpfen Netzwerke – oftmals ohne dafür eigentlich noch Ressourcen zu haben. Selbsthilfe liegt uns. Sie muss uns liegen, weil die inklusiven Strukturen fehlen. Wir helfen uns selbst. Manchmal sind wir stolz darauf, manchmal fühlt sich das wie eine zusätzliche Belastung an. Sollte uns nicht vielmehr von Außen geholfen werden?

Darüber und welche Erwartungen wir an die organisierte Selbsthilfe als Betroffene haben, konnten wir mit Sabine in diesem Podcast sprechen. Hört es euch einfach an – 35 Minuten mit Bárbara und mir zum Thema. Ihr könnt es auf allen gängigen Streamingdiensten finden oder ihr hört ihn direkt auf der Seite von “Selbsthilfe im Trend”.

Zur Podcastfolge

Wenn Chaos im Kopf ist – ein Kinderbuch über Epilepsie

by Anna

Leni und ihr großer Bruder Lorenz sitzen beim Frühstück, als die  Welle in Lorenz‘ Kopf zum ersten Mal kommt. Seine Hand zittert und seine Augen bewegen sich ganz schnell. Er hat einen epileptischen Anfall. Er muss schnell ins Krankenhaus, damit herausgefunden werden kann, was los ist.

Im Erklärtext am Schluss erfahren wir, dass Lorenz Rolandoepilepsie hat. Er hat fokale Anfälle, die in einem bestimmten Teil seines Gehirns stattfinden. Er selbst ist dabei bei Bewusstsein und kann danach auch einfach weiter machen, wie vorher. Zum Beispiel mit seiner Schwester Leni Pirat*innen spielen. Für Leni ist das mit den Anfällen schwer zu verstehen, aber Lorenz erklärt es ihr genau:

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Die unerwünschte Gästin

by Bárbara Zimmermann

Sie kam wieder, diese unerwünschte Gästin! Und so nach ihrer Art, kommt sie immer ohne irgendein Anzeichen zu geben – und das hasse ich an ihr! Es gibt keine Vorbereitung, keine Absprache. Egal ob kurz vor dem Einschlafen im Bett, beim Geschichtehören am Nachmittag oder mit den Geschwistern im Zimmer, sie kommt, wann sie will. Zum Glück bleibt sie nicht lange, aber die wenigen Sekunden oder Minuten von ihrer Präsenz bringen einiges durcheinander im geplanten Alltag und vor allem das Gefühl, dass unser Leben ein bisschen normaler geworden ist – oder eben nicht? Fuck Epilepsie!

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Funktioniert Inklusion in Deutschland bisher nur auf dem Papier?

by Simone

Simone Braunsdorf-Kremer hat uns erzählt, wie die Einschulung auch laufen kann für ein Kind mit Behinderung – nämlich mit ganz viel Engagement der zuständigen Stellen

Immer wieder lese ich Beiträge von pflegenden Eltern zur inklusiven Beschulung – und den Schwierigkeiten, die sie auf diesem Weg haben. Auf dem Weg zur Erfüllung einer Pflicht: der Schulpflicht! Denn die gibt es in Deutschland auch für Kinder mit Behinderung. Jeder dieser Berichte macht mich fassungslos…

Zum einen weil ich einfach nicht glauben kann, nicht glauben MÖCHTE, welche Steine Eltern von Kindern mit Behinderung in den Weg gelegt werden. Ich rede hier gar nicht von den unzähligen Stunden, die man mit dem Ausfüllen von Anträgen und Formularen…dem Kopieren von Gutachten und Arztbriefen…und den Telefonaten, um Bescheinigungen bei Ärzten anzufordern, verbringt. Ich rede auch nicht von den zig Terminen die man im Vorfeld wahrnehmen muss, damit das Kind einen IQ-Test macht oder man in einer Schule hospitiert. Denn daran haben wir pflegende Eltern uns bereits gewöhnt! Ich rede davon, das Eltern keinen Platz an einer Förderschule finden und ein Kind mit Förderbedarf an einer Regelschule beschult werden soll.  Oder davon, dass Eltern gerichtlich einen Transport des Kindes zur Schule einklagen müssen. Oder auch davon, dass Kinder zwei Jahre lang gar nicht zur Schule gehen können, weil es keine Teilhabeassistenz gibt, die begleitet.  

Zum anderen macht es mich fassungslos, weil es bei uns mit der Einschulung so reibungslos lief. Bei jedem Bericht, den ich lese, frage ich mich: „Bei uns war alles so einfach. Wieso ist das woanders denn nicht möglich?“

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Schulische Inklusion: wenn bloß die Praxis nicht wäre

by Simone

Herzlich Willkommen Nicole Wrede! Wir freuen uns über einen weiteren Gastbeitrag und einen kleinen Einblick in unsere Community. Im heutigen Beitrag geht es um inklusive Beschulung in Bremen


Unser Sohn – in der virtuellen Öffentlichkeit nenne ich ihn Hibbelmors* – kann bereits auf 9 Jahre inklusiver Bildungsbiografie zurückblicken. Er war in einer inklusiven Krippe und in einem inklusiven Kindergarten. Jetzt ist er in der vierten Klasse einer inklusiven Regel-Grundschule.

Bei uns in Bremen haben mit der Änderung des Schulgesetzes 2009 alle Schulen den Auftrag erhalten, sich zu inklusiven Einrichtungen zu entwickeln. In diesem Zuge wurde beschlossen, bis auf 3 spezielle Förderzentren alle „Sonderschulen“ zu schließen. Die 3 verbleibenden Zentren sind für die Förderbedarfe

  1. Sehen,
  2. Hören und
  3. körperlich-motorische Entwicklung.

Kinder, die nicht in einem dieser Bereiche einen besonders ausgeprägten Förderbedarf haben, werden an Regelschulen beschult.

Der Hibbelmors vor seiner Schule (Copyright: Nicole Wrede)

Der Hibbelmors hat verschiedene Symptome, die einen umfassenden Förderbedarf mit sich bringen. Aber er kann trotz starker Brille und Nystagmus okay sehen (1. Förderzentrum ausgeklammert). Er hört wirklich gut (2. Förderzentrum passt nicht) und er kann sich weitgehend autonom bewegen (3. Förderzentrum fragwürdig). Er ist geistig beeinträchtigt und kommuniziert nur mit einigen Gebärden sowie wenig über einen speziellen Computer (Talker). Zudem gibt es das ein oder andere Pflegethema. Laut Bremer Schulentwicklungsplanung ist er damit an einer Regelschule richtig. In Frage kommen die Schulen, die einen Schwerpunkt Wahrnehmung und Entwicklung (W/E) haben. Das sind eben die Schulen, die offen für geistig beeinträchtigte Kinder sind.

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