Buchtipp für mehr Gespräche über Inklusion: “Ich bin Mari” von Shari und André Dietz

by Simone

Ich bin ja Germanistin und liebe das geschriebene Wort. In meiner Welt bedeutet Sprache Macht und daran glaube ich! Ich bin mir sicher, dass Gespräche, Bücher und die Art und Weise wie wir die Welt beschreiben einen Unterschied machen. Sprache prägt unsere Kinder und unseren Umgang mit unseren Mitmenschen. Sprache formt unser Weltbild von Kindesbeinen an. Worte können wie eine sanfte Umarmung sein oder eine klaffende Wunde hinterlassen. Und deshalb braucht unsere digitale Welt immer noch Bücher. Bücher die uns lehren und Träume schenken. Bücher die unsere Werte weitertragen. Und genau so ein Buch ist „Ich bin Mari“ von Shari und André Dietz.

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Die unerwünschten Geschenke

by Bárbara Zimmermann

Es ist immer das Gleiche: Wenn wir als Familie mit unserer behinderten Tochter unterwegs sind, bekommen wir unterschiedliche Reaktionen von anderen Menschen wie auf einem Tablett serviert. Es können starrende Blicke sein, Fragen zu ihrer Behinderung – „Was hat sie denn?“ -, ungefragte Therapievorschläge, und – der Hit! (Ironie) – Geschenke von fremden Menschen.

Hier eine nicht vollständige Liste von solchen Geschenken: einen Schutzengel auf einem Straßenfest von einem Mann bekommen, zwei Euro von einer älteren Dame am Supermarkt – „Kauf dir was Schönes, meine Süße!“ und kneift ihr an die Backe dabei -, Luftballons von Clowns am Spielplatz – obwohl sie damals große Angst von ihnen hatte – und neulich eine Kette im Wert von 15€ von einem Mann der Schmuck in Hannover Innenstadt verkaufte.

Das ist alles lieb gemeint. Diese Menschen wollen meinem Kind etwas Gutes tun, ihm etwas schenken, eine Freude machen. An sich kein Problem, oder? Leider doch.

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Plädoyer für Inklusion

by Gastbeitrag Kaiserinnenreich

Ein Gastbeitrag von Aleksandra.

Die dritte Schulvorstellung für die erste Klasse in einer Grundschule. Ich sitze mit meinem Kind, M., im Sekretariat und zum dritten Mal werde ich vom Sonderpädagogen gefragt: „Wollen Sie doch nicht eine Förderschule?“ Und ich denke mir zum dritten Mal „Nein, verdammt, deswegen sitze ich hier und nicht in einer Förderschule“, antworte aber freundlich und bestimmt „Nein, die Förderschule kommt für mich nicht in Frage, weil…“

Warum eigentlich nicht? Alle schwärmen so von den Förderschulen, wenn es um mehrfach behinderte Kinder geht. Sie würden so tolle Therapien bekommen, schwimmen, reiten, eigener Motorikraum, alle kennen sich mit Unterstützer Kommunikation aus…Manchmal hört sich das für mich an, wie Zauberschulen mit Feen, die alles gerade biegen, emotionale Störungen, körperlichmotorische, sprachliche, sogenannte geistige, schön nach Förderschwerpunkten aufgeteilt. Und dann das schlimme Gegenteil an den Regelschulen: überfüllte Klassen, Lehrer*innen, die keine Erfahrung mit behinderten Kindern haben, zu wenig Personal, Mobbing…Will ich das wirklich meinem Kind antun?!

Meine Antwort wird immer „Ja“ bleiben. Weil es hier nicht um Physiotherapie oder Logopädie geht oder meine Entlastung als Mutter. Es geht um ein Menschenrecht, das Recht meines Kindes auf Bildung nach Art.24 der UN BRK.

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Die Sommerreihe: Ferien mit behindertem Kind – Ein Legoland-Besuch mit unserem autistischen Sohn

by Anna

Cover der Reihe Ferien mit behidnertem Kind - die Sommerreihe auf Kaiserinnenreich.de, man sieht drei Bilder, einen Hügel mit übergroßen Legosteinen, ein Bild vom Spielplatz mit zwei Piraten in Lebnsgröße, der links benutzt einen Rollstuhl, das dritte Bild zeigt eine lebensgroße Legofigur auf einer Bank: ein älterer Herr im roten Blumenhemd mit blauer kuerzer Hose, daneben Annas Sohn in Jacke und Mütze, der sich runterbeugt

Dieser Artikel ist der Auftakt zu unserer Reihe „Ferien mit behindertem Kind“. Wir drei – Anna, Bárbara und Simone -, sowie weitere Gastautor*innen werden euch von unseren Ferien aus verschiedenen Perspektiven erzählen.

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Ausflüge. Für viele Familien bedeutet das, dass Anreise, Aufenthalt, Preise, Snacks gecheckt werden müssen. Es ist aufregend oder spannend, je nach Familienkonstellation auch anstrengend, aber vielleicht auch einfach was Tolles. Für viele Familien sind Ausflüge eine schöne Abwechslung zum Alltag, mal raus kommen, mal was anderes sehen, was erleben, ein Mini-Abenteuer. Viele Familien setzen sich einfach in Auto oder Bus und ziehen los. Unterwegs braucht es ein Klo, vielleicht mal ne Bank zum Ausruhen oder was, um die Motivation der Kinder hoch zu halten. Es gibt von günstige bis hin zu sehr teuer alle Möglichkeiten.

In vielen anderen Familien braucht es über diese Vorbereitungen hinaus noch viel mehr. Es beginnt mit Recherche: wie sind die Ticketformalitäten, wie wird der SBA (Schwerbehindertenausweis) gewertet, kostet der Eintritt weniger, ist der Eintritt für die Begleitperson frei? Wie sind die Gegebenheiten, räumlich und organisatorisch, wie sehen die sanitären Einrichtungen aus, wie groß ist die Behindertentoilette, welche Möglichkeiten fürs Essen gibt es, kann ich eigenes Essen erwärmen, gibt es die Möglichkeit, irgendwo in Ruhe zu sondieren, wie ist die Situation für Personen mit schneller Reizüberflutung, gibt es Rückzugsmöglichkeiten, was sind die schnellsten Exitstrategien, wenn alles zu viel wird?

Man sieht das Piratenhotel im Feriendorf, die Fassade des Hotels ist wie alte, bunte Häuser gestaltet

Natürlich könnten Menschen, die diese Überlegungen nicht kennen, sagen: „Warum lasst ihr es denn nicht einfach?“ Unsere Antwort: „Teilhabe.“ Teilhabe ist eins der Schlüsselwörter für Inklusion. Wer am Leben, wie der Rest der Gesellschaft es kann, nicht teilhaben kann oder darf, dessen Lebensqualität ist geschmälert. Dies gilt für viele verschiedene Gründe: finanzielle Gründe, Sicherheitsgründe, logistische Gründe, Diskriminierung.

Heute möchte ich euch von unserem Besuch im Legoland mit unserem autistischen Sohn erzählen. Er ist 8 und eine Weile war Lego bauen sein Spezialinteresse, also gehen wir seit zwei Jahren regelmäßig (1-2 Mal pro Jahr) ins Legoland. Für dieses Jahr haben wir uns für eine Übernachtung mit zwei Tagen Park entschieden.

das Bild zeigt eine lebensgroße Legofigur auf einer Bank: ein älterer Herr im roten Blumenhemd mit blauer kuerzer Hose, daneben Annas Sohn in Jacke und Mütze, der sich runterbeugt
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Kein Vorschulkind

by Gastbeitrag Kaiserinnenreich

Ein Gastbeitrag von Brenda (Instagram @brendaempunkt)

Wir haben da alle Mist gebaut. Richtig Mist. Wir alle zusammen. Jede*r für sich hat keine*r mitgedacht. Und jetzt haben wir den Salat. Oder Mist. WTF ich bin so wütend. Auf uns alle. Es sind noch fünf Wochen Kindergarten. Die letzten Tage einer Zeit mit Höhen und Tiefen, Unsicherheiten, ungeahnten Talenten und Schritten in allerlei Richtungen. Und ich habe hier ein Vorschulkind, was kein Vorschulkind ist. Klingt komisch? Ist es auch. Allerdings nicht im Sinne von „lustig“.

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Ich bin nicht die Lösung

by Simone

Aktuell ist Inklusion von behinderten Kindern vom Willen und dem Engagement einzelner Menschen abhängig. Menschen, die für wenig Gehalt eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe als persönliche Assistenz , Integrationskraft oder Schulbegleitung übernehmen. Und sie ist von mir abhängig, oder von meinem Mann. Von Eltern. Wir sind die Lösung. Wir ermöglichen, kämpfen, werden laut und sollen die Stimme unserer Kinder sein. Obwohl wir das gar nicht sein können, denn sie haben ihre eigene Stimme, ihre eigenen Wünsche, ihre eigene Persönlichkeit. Warum das alles? Weil wir als die Lösung gesehen werden. Elternschaft heißt aber nicht, dass man per Geburt des Kindes zum Inklusionsaktivisten wird, und, dass man das auch kann. Aber die Anspruchshaltung ist da: es ist dein Kind, also regle. Therapeuten erwarten gute therapeutische Ergebnisse und Mitarbeit von den Eltern. Ärzte erwarten Kooperation und Verständnis bei schwierigen Eingriffen und langen Krankenhausaufenthalten.  Pädagogen erwarten Verständnis, dass das behinderte Kind halt nicht immer dabei sein kann und Verwandte erwarten Verständnis, dass man damit halt nicht gut umgehen kann. Das ist ja auch ein Schicksalsschlag, nicht?

Also sorgen wir täglich für Inklusion im privaten Rahmen, mit viel Aufwand. Nicht, weil wir das so gut können, sondern weil alle Eltern für ihre Kinder eine gute Zukunft möchten. Und die wollen wir selbstverständlich auch für unsere Kinder mit Behinderung. Eine mit Möglichkeiten. Eine mit Berufswünschen, erster Liebe und eigener Wohnung. Eine, die ist wie die von gesunden und nichtbehinderten Menschen. Und ich wette, bei jedem, der diese Zeilen jetzt liest, kommt sofort der Gedanke, dass das niemals möglich ist! Ich sage euch, das wäre es, wenn ihr es genauso wollen würdet, wie wir!

Aber im gesamtgesellschaftlichen Habitus ist immer noch ein Gedanke tief verankert: wir sollen nicht immer so viel wollen für Menschen mit Behinderung. Seid doch mal dankbar. Ich frage mich, warum denn nicht, hm? Wieso sollte ich denn für mein behindertes Kind nicht dieselbe schöne Zukunft gestalten wollen, wie die für ein nichtbehindertes?

Mein Sohn war noch keine sechs Monate alt und Ärzte sagen mir, dass mein Kind nichts können wird. Lieber schon mal auf die schwierige Zukunft vorbereiten, denkt sich die Fachperson. Falls es dann widererwartet doch besser läuft, freut die Mama sich auch mehr. Interessant ist das durchaus, finde ich, dass man gerade in einer Leistungsgesellschaft wie der unseren einem behinderten Kind so gar nichts zutraut. Lieber gleich mal klar stellen, dass da gar keine Erwartungen da sind. Zuhause bei Mama bis zur Förderschule, danach Behindertenwerkstatt. Das ist die Lösung, für die wir als Familie, für die unsere Kinder dann auch noch dankbar sein sollen! Es tut mir leid, dafür bin ich nicht dankbar. Ich frage dich, bist du Vater, Mutter, Oma, Opa, Schwester, Bruder? Würdest du diese Zukunft  für einen Angehörigen aus deiner Familie wollen? Nein? Warum befürwortest du das dann für mein Kind?

Inklusion ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Sie ist gesetzlich verankert. Sie ist ein Menschenrecht. Aber wir brauchen trotzdem immer noch Protesttage zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, wie heute am 5. Mai. Weil es noch lange nicht in den Köpfen der Menschen angekommen ist, dass Teilhabe immer noch ein fucking Privileg ist!

Ich als Mutter bin nicht die Lösung des Problems. Denn ich kann das alleine überhaupt nicht schaffen. Das ist Utopie und trotzdem versuche ich es jeden Tag. Manchmal erfolgreich, manchmal weniger erfolgreich.  Diese Woche war mein chronisch krankes Kind mit seiner Kindergartengruppe auf einem Ausflug. Er war das glücklichste Kind des Tages. Er war einfach ein Kind, wie alle anderen 16 Kinder eben auch. Die Vorarbeit, dass er daran teilnehmen konnte, war enorm und ohne seine persönliche Assistenz, die alles gegeben hat, wäre es auch niemals möglich gewesen. Sie sorgte dafür, dass er seine Medikamente bekommt, Nahrung, Flüssigkeit und überwachte seine Vitalparameter. Sie sorgte für einen Tag Kindheit für meinen Sohn. Er konnte ohne Eltern an dieser Fahrt teilnehmen, wie alle anderen Kinder auch! Das war wichtig für seine Entwicklung, für sein Selbstbewusstsein. Er ist ein Vorschulkind und es muss möglich sein, dass er ohne mich an solchen Ausflügen mit dabei ist.

Letztes Jahr um dieselbe Zeit schrieb ich: zwei Geburtstagsfeiern diese Woche haben mich als pflegendes Elternteil an meine Grenzen gebracht. Beide Erlebnisse haben mir wieder gezeigt: der krampfhafte Versuch meinerseits Normalität für ein Kind mit Behinderung und Pflegebedarf zu schaffen, ist falsch. Es erfordert von uns als Familie einen zu hohen Einsatz. Teilhabe heißt für uns auch manchmal uns den Stress nicht anzutun und eben nicht teilzunehmen. Ich kann als Elternteil keine Lösung für fehlende Inklusion sein. Ich bin nicht die Lösung, weil mein Kind nicht das Problem ist. Und auch, weil es nicht meine Aufgabe sein sollte. Ich bin Mutter. Aber seit sechs Jahren spiele ich zusätzlich Inklusionsfachkraft. Und betreibe Aufklärungsarbeit in meinem Umfeld. Gesamtgesellschaftlich werden Behinderung und Krankheit immer noch nicht mitgedacht. Es ist ein strukturelles Problem, dass ich als Elternteil für die Teilhabe meines behinderten Kindes allein Sorge tragen muss. Ich gleiche angebliche Defizite aus und sorge so für scheinbare Normalität für mein Kind. Er bemerkt es noch nicht. Noch fühlt er sich integriert, weil ich noch für seine Teilhabe sorge. Aber mein sechsjähriges Kind wird irgendwann auch allein zu Spieletreffen gehen wollen. Leider wird das wirklich schwer werden das umzusetzen, denn im Moment kann er noch nicht für sich selbst sorgen und einstehen.

Mittlerweile bemerkt mein Sohn durchaus, dass er des Öfteren ausgeschlossen und separiert wird. Er ist 7 Jahre alt und er weiß, dass er anders behandelt wird, als seine Freunde im Kindergarten. Es ist ihm gegenüber nicht fair, dass er immer alles in Begleitung seiner Eltern machen soll. Ich bin nicht die Lösung, ich bin seine Mama und er muss die Möglichkeit bekommen selbständig zu leben. Die Lösung ist vielmehr, dass ein strukturelles Problem, nämlich das Fehlen der Inklusion in diesem Land, behoben werden muss. Und dazu kann jeder Einzelne beitragen.

Über (schulische) Integration in der Schweiz

by Simone

Heute begrüßen wir Nadine (Instagram: @inklu_do) mit einer weiteren Perspektive zum Thema inklusive Beschulung. Nadine berichtet von ihren Erfahrungen in der Schweiz. Ihre Tochter wird nun seit mittlerweile einem Jahr zuhause im Homeschooling beschult – Larina hat das Downsyndrom und ist 11 Jahre alt. Nadine berichtet sehr berührend über die Probleme mit der Inklusion, die ihre Familie ab dem Kindergarten dann begleiteten und warum sie sich letztlich für eine Beschulung zuhause entschieden haben.


Unsere Larina ist nun 11 Jahre alt, sie hat das Down Syndrom. Seit etwas mehr als einem Jahr unterrichten wir sie im Homeschooling. In einigen Kantonen der Schweiz ist das erlaubt, so auch bei uns in Bern. Wir haben ohne Probleme die Bewilligung bekommen. Aber so ganz freiwillig machen wir das nicht. Mir fehlen für Larina die Kindergruppe, der Turnunterricht, das gemeinsame Gestalten, die Lieder und Spiele, die Schulreise und einfach der tägliche soziale Kontakt. Den hatte sie mal! Sie durfte so selbstverständlich mit drei jährig in die Spielgruppe, wie vorher auch ihre beiden Geschwister. Die Kinder konnten mit ihr Inklusion lernen, sie hören, sie sehen, sie kennenlernen und sie ganz normal finden. Auch in der Kita hatten wir grosses Glück, Larina war voll dabei, ohne besondere zusätzliche Begleitung. Kein Wunder, dass auch der Kindergarteneinstieg hier im Dorf geglückt ist! Es war unglaublich berührend mitzuerleben, wie sich Larina jeden Morgen fröhlich vor dem Kindergarten in die Kinderschar einreihte! 6 Lektionen für eine Heilpädagogin wurden zu dieser Zeit als Maximum an Begleitung im Kanton Bern gesprochen. Trotzdem durfte Larina ihr Pensum bald aufstocken und fast so viel in den Kindergarten gehen, wie die anderen Kinder. Die grossen Mädchen nahmen sie so gerne mit ins Spiel und kümmerten sich rührend. Larina bekam auch Freundebücher mit nach Hause und wurde zu Geburtstagen eingeladen.

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Inklusionsgespräche – Podcastfolge mit “Selbsthilfe im Trend”

by Simone

Bárbara und Simone haben im Podcast “Selbsthilfe im Trend” mit der Moderatorin Sabine über Inklusion und Selbsthilfe aus der Perspektive pflegender Eltern gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, wie wir Selbsthilfe verstehen und wie wir persönlich als pflegend Mütter Selbsthilfe im (Pflege)Alltag leben. Und wir blicken auch auf die Bedeutung von inklusiven Strukturen für die Selbsthilfearbeit.

Pflegende Eltern sind oft “laut” auf sozialen Netzwerken. Schreiben über ihre Belange und knüpfen Netzwerke – oftmals ohne dafür eigentlich noch Ressourcen zu haben. Selbsthilfe liegt uns. Sie muss uns liegen, weil die inklusiven Strukturen fehlen. Wir helfen uns selbst. Manchmal sind wir stolz darauf, manchmal fühlt sich das wie eine zusätzliche Belastung an. Sollte uns nicht vielmehr von Außen geholfen werden?

Darüber und welche Erwartungen wir an die organisierte Selbsthilfe als Betroffene haben, konnten wir mit Sabine in diesem Podcast sprechen. Hört es euch einfach an – 35 Minuten mit Bárbara und mir zum Thema. Ihr könnt es auf allen gängigen Streamingdiensten finden oder ihr hört ihn direkt auf der Seite von “Selbsthilfe im Trend”.

Zur Podcastfolge

Funktioniert Inklusion in Deutschland bisher nur auf dem Papier?

by Simone

Simone Braunsdorf-Kremer hat uns erzählt, wie die Einschulung auch laufen kann für ein Kind mit Behinderung – nämlich mit ganz viel Engagement der zuständigen Stellen

Immer wieder lese ich Beiträge von pflegenden Eltern zur inklusiven Beschulung – und den Schwierigkeiten, die sie auf diesem Weg haben. Auf dem Weg zur Erfüllung einer Pflicht: der Schulpflicht! Denn die gibt es in Deutschland auch für Kinder mit Behinderung. Jeder dieser Berichte macht mich fassungslos…

Zum einen weil ich einfach nicht glauben kann, nicht glauben MÖCHTE, welche Steine Eltern von Kindern mit Behinderung in den Weg gelegt werden. Ich rede hier gar nicht von den unzähligen Stunden, die man mit dem Ausfüllen von Anträgen und Formularen…dem Kopieren von Gutachten und Arztbriefen…und den Telefonaten, um Bescheinigungen bei Ärzten anzufordern, verbringt. Ich rede auch nicht von den zig Terminen die man im Vorfeld wahrnehmen muss, damit das Kind einen IQ-Test macht oder man in einer Schule hospitiert. Denn daran haben wir pflegende Eltern uns bereits gewöhnt! Ich rede davon, das Eltern keinen Platz an einer Förderschule finden und ein Kind mit Förderbedarf an einer Regelschule beschult werden soll.  Oder davon, dass Eltern gerichtlich einen Transport des Kindes zur Schule einklagen müssen. Oder auch davon, dass Kinder zwei Jahre lang gar nicht zur Schule gehen können, weil es keine Teilhabeassistenz gibt, die begleitet.  

Zum anderen macht es mich fassungslos, weil es bei uns mit der Einschulung so reibungslos lief. Bei jedem Bericht, den ich lese, frage ich mich: „Bei uns war alles so einfach. Wieso ist das woanders denn nicht möglich?“

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Schulische Inklusion: wenn bloß die Praxis nicht wäre

by Simone

Herzlich Willkommen Nicole Wrede! Wir freuen uns über einen weiteren Gastbeitrag und einen kleinen Einblick in unsere Community. Im heutigen Beitrag geht es um inklusive Beschulung in Bremen


Unser Sohn – in der virtuellen Öffentlichkeit nenne ich ihn Hibbelmors* – kann bereits auf 9 Jahre inklusiver Bildungsbiografie zurückblicken. Er war in einer inklusiven Krippe und in einem inklusiven Kindergarten. Jetzt ist er in der vierten Klasse einer inklusiven Regel-Grundschule.

Bei uns in Bremen haben mit der Änderung des Schulgesetzes 2009 alle Schulen den Auftrag erhalten, sich zu inklusiven Einrichtungen zu entwickeln. In diesem Zuge wurde beschlossen, bis auf 3 spezielle Förderzentren alle „Sonderschulen“ zu schließen. Die 3 verbleibenden Zentren sind für die Förderbedarfe

  1. Sehen,
  2. Hören und
  3. körperlich-motorische Entwicklung.

Kinder, die nicht in einem dieser Bereiche einen besonders ausgeprägten Förderbedarf haben, werden an Regelschulen beschult.

Der Hibbelmors vor seiner Schule (Copyright: Nicole Wrede)

Der Hibbelmors hat verschiedene Symptome, die einen umfassenden Förderbedarf mit sich bringen. Aber er kann trotz starker Brille und Nystagmus okay sehen (1. Förderzentrum ausgeklammert). Er hört wirklich gut (2. Förderzentrum passt nicht) und er kann sich weitgehend autonom bewegen (3. Förderzentrum fragwürdig). Er ist geistig beeinträchtigt und kommuniziert nur mit einigen Gebärden sowie wenig über einen speziellen Computer (Talker). Zudem gibt es das ein oder andere Pflegethema. Laut Bremer Schulentwicklungsplanung ist er damit an einer Regelschule richtig. In Frage kommen die Schulen, die einen Schwerpunkt Wahrnehmung und Entwicklung (W/E) haben. Das sind eben die Schulen, die offen für geistig beeinträchtigte Kinder sind.

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