Die Sommerreihe: Ferien mit behindertem Kind – Bullerbü barrierefrei und trotzdem mit Hindernissen. Ein Gastbeitrag von Verena

by Gastbeitrag Kaiserinnenreich

Ein Gastbeitrag von Verena  (@verenasophie) zu unserer Sommer-Serie “Ferien mit
behindertem Kind”.

Gute Erholung und eine schöne Auszeit. Das wünschen uns viele, wenn wir in den Urlaub fahren? Während ich diese Zeilen hier auf meine Diktierapp spreche, halte ich mit der anderen Hand meinen Sohn, der schon den ganzen Tag wieder vor sich hin schreit.

Spastik macht keinen Urlaub, Carearbeit auch nicht. Immer wieder muss ich auf Pause drücken bei meiner Aufnahme, weil dann wieder ein spitzer Schrei dazwischen schrillt. Ja, Urlaub mit schwerbehindertem Kind – generell Urlaub mit Kindern ist oft wenig erholsam, vor allem wenn sie noch klein sind und sich noch nicht selbständig beschäftigen können.

Wir haben beides im Angebot: Einen fast Neunjährigen mit Pflegegrad 5, der dauerhaft Rundumversorgung braucht und eine wuselige Sechsjährige, die auch uns auf Trab hält, sie will Spielen, Naschen, Vorgelesen bekommen, Klettern, was erleben – am besten rund um die Uhr. Hier in Südschweden ist immerhin alles sehr inklusiv. Wir haben total viele Spielplätze mit inklusiven Spielgeräten entdeckt, wo beide zusammen Spaß haben können. Die meisten Museen und Freizeitanlagen sind barrierefrei und mit mehreren Behinderten WCs ausgestattet.

Es ist auch eine tolle Sache, dass auch die Wickeltische sich meist in einem separaten Raum befinden und die Toiletten generell für beide Geschlechter ausgelegt sind. Noch nie habe ich so viele Väter bei der Toilettengang-Begleitung mit den Kids gesehen. Das geht auch deshalb,weil die WCs nicht auf ein Geschlecht festgelegt sind. Richtig viel würde ich gerne mit nach Hause nehmen, vor allem wenn ich da noch lese, dass in Schweden pflegende Angehörige von der Kommune bezahlt werden.

Wie viel Sorge würde uns das nehmen? Ich müsste mich nicht existenziellen Fragen herum plagen in Krisenzeiten. Ja, da kommt man ins Träumen und wird wehmütig. Dabei fing unser Urlaub gar nicht so toll an. Gleich auf der Fähre war der erste Spastikschub dank der für übertrieben eingestellten Klimaanlage mit an Bord und wir haben immer wieder zusätzliche Bedarfs- und Notfallmedikamente gebraucht.

Wir gehen ja extra in den Norden, weil die Hitze ihn auch fertig macht. Nur dieses Mal ist wirklich schon Herbstwetter hier.

Immerhin das Camping bringt Vorteile:  So hat das Bett im Wohnmobil eine tolle Höhe zum Versorgen des Juniors. Und zwischendurch können wir ihn ablegen, wenn er nicht mehr sitzen kann. Das kommt uns alles sehr entgegen. Im Kühlschrank stehen die Medikamente, die mein Mann jeden Morgen vorrichtet für den nächsten Tag. So sind wir flexibel und weil das Jedermannsrecht gilt, haben wir meistens die Möglichkeit zu bleiben, wo wir wollen.

So haben wir Zeit für uns und immerhin einen Tapetenwechsel. Wo wir Zuhause fast öffentlich leben, weil ständig jemand kommt und geht. Pflegedienst, Therapeutinnen, Versorger, Orthopädietechniker…Diese Privatsphäre ist sehr schön. Es fehlt natürlich die Unterstützung der Großeltern, der Pflegedienst.

Es ist also sehr tückisch. Wirkliche Erholung oder Entspannung. Das gibt es eigentlich nur, wenn einer von uns mal allein was unternimmt. Während der andere dann doppelt eingespannt ist. Ja, das ist halt das Dilemma, aus dem pflegende Eltern nie ganz rauskommen. Schon gar nicht im Urlaub.

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