Münchner Familienkette. Wir sind dabei!

by Bárbara Zimmermann

Das Kaiserinnenreich gemeinsam mit Lavanja und Isa Nowak wird bei der nächsten Familienkette am 05. Mai auf dem Marienplatz in München eine politische Forderung im Interesse alle pflegenden Eltern stellen.

Was fordern wir?

Wir fordern die Weiterzahlung des Pflegegeldes für alle stationären Aufenthalte von Kindern und Jugendlichen, auch über 28 Tage hinaus.

Was nicht jeder weiß: Wenn ein pflegebedürftiges Kind länger als 28 Tage stationär behandelt wird, sei es in einer Klinik, in einer Reha-Klinik oder in einem Hospiz – immer in Begleitung eines Elternteils – wird das Pflegegeld ab dem 29. Tag gestrichen. Die Begründung: ist das Kind nach so vielen Tagen immer noch stationär, wird die Pflege vom Personal übernommen und die Zahlung des Pflegegeldes wird ausgesetzt, bis das Kind in die häusliche Umgebung zurück kehrt. Das Ruhen dieser Leistungen für die Dauer eines stationären Aufenthalts rechtfertigt sich nach dem Willen des Gesetzgebers daraus, dass dem Versicherten in der Einrichtung auch pflegerische Leistungen durch den zuständigen Träger zwangsläufig zur Verfügung gestellt werden. Deshalb ist die aktuelle Gesetzeslage: Versicherte, die sich in stationären Einrichtungen aufhalten, haben für die Zeit des Aufenthalts keinen Anspruch auf Pflegegeld, auch wenn sie zusätzlich von Verwandten oder sonstigen ehrenamtlichen Personen betreut werden. Außerdem stünde das Pflegegeld nicht der Pflegeperson, sondern der zu pflegenden Person zu – ein weiteres Argument der Politik die Zahlung auszusetzen.

Es gibt Ausnahmeregelungen. Wenn die Klinik zum Beispiel schriftlich bestätigt, dass die Eltern vor Ort den Pflegenotstand ausgleichen und ihr Kind auch dort pflegen. Leider stellen die Träger selten eine solche Bescheinigung aus – aus finanziellen Gründen, denn dann würden der Klinik die Gelder gekürzt. Es darf aber nicht sein, dass die gesamte finanzielle Last auf die pflegenden Familien übertragen wird und es keine einheitliche Regelung – bundesweit – dafür gibt.

Weshalb ist die oben aufgeführte Argumentation der Politik also bei Kindern nicht tragbar?

Wir finden – die Gesetzeslage muss auf pflegebedürftige Kinder angepasst werden. Eltern sind die gesetzliche Vertreter ihrer pflegebedürftigen Kinder. In der Pädiatrie werden Eltern bei stationären Aufenthalten von Kindern als Begleitperson mit aufgenommen, da eine alleinige Versorgung durch den Träger von minderjährigen Patienten überhaupt nicht vorgesehen ist. Bei Kindern ohne Behinderung bis zum 8. Lebensjahr. Für Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind, gibt es keine Altersbeschränkung. Eltern sind also als medizinisch notwendige Begleitperson bei stationären Aufenthalten vor Ort. Gerade bei Kindern mit einem Pflegegrad kann der zusätzliche Pflegeaufwand vom Träger allein nicht geleistet werden. Deshalb übernehmen pflegende Eltern vor Ort nicht nur die emotionale Begleitung ihrer Kinder, sondern einen Großteil der pflegerischen Versorgung!

Das Pflegegeld ist ein wichtiger Baustein zur finanziellen Absicherung der Familien, auch wenn es kein Einkommen ist und für die zu pflegende Person gezahlt wird. Wir wissen, dass viele pflegende Eltern aufgrund ihrer Pflegeverantwortung langfristig auf ihre Erwerbstätigkeit und damit auf ihr Einkommen teilweise oder ganz verzichten müssen, um ihr Kind zu pflegen. Das bedeutet, dass Familien, die ihre Kinder länger stationär betreuen, keine finanzielle Unterstützung erhalten, weder Lohnfortzahlung noch Pflegegeld.

Wenn wir über Pflegepolitik sprechen, stellen wir fest, dass die Realitäten von pflegebedürftigen Kindern und ihren Familien oft anders sind als die von pflegebedürftigen älteren Menschen. Deshalb brauchen pflegebedürftige Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien andere Gesetze als Erwachsene, die Pflege benötigen.

Zur Familienkette

Vielleicht habt ihr im letzten Jahr mitbekommen, dass am 20. September 2023 die erste Familienkette in Berlin stattgefunden hat. Es war eine tolle und sehr wichtige Initiative von Natascha Sagorski, Gründerin des der Initiative Familien sind alle, die familienpolitische Themen in den Medienkanälen und auf der Agenda von Politiker*innen laut machen will.

Ich habe mich einerseits sehr über diese Initiative gefreut. Fünf sehr wichtige politische Forderungen wurden vorgestellt, darunter die Kindergrundsicherung, die Rechte von Alleinerziehenden und ihren Kindern und die rechtliche Absicherung von erwerbstätigen Menschen mit Care-Verantwortung.

Auf der anderen Seite war ich sehr ernüchtert, dass die Stimme der pflegenden Eltern nicht vertreten war. Nicht, dass wir nicht laut wären. Aber wer vertritt uns in der Öffentlichkeit, während wir zuhause unsere Kinder pflegen?

Ich verstehe, dass es viele Gruppen und Interessen gibt. Die Ressourcen sind immer begrenzt, wenn man z.B. eine Veranstaltung organisiert, das verstehe ich auch. Und gleichzeitig erleben wir pflegenden Eltern immer wieder das Gleiche: Es gibt selten Geld und Raum und Zeit und Expertise für unsere Rechte und die unserer Kinder. Wer vertritt pflegende Eltern, wenn nicht wir selbst? Wer spricht für unsere Kinder, wenn nicht wir selbst? Aber schaffen wir das neben der Pflege? Deshalb habe ich mich im Sommer 2023 direkt an Natascha gewandt und meine Gedanken mit ihr geteilt. Die gemeinsame Entscheidung: bei der nächsten Familienkette wären wir mit unserer Forderung dabei!

Die Entstehung unserer Forderung

Seit Herbst 23 hat sich eine kleine Gruppe von pflegenden Müttern mit Unterstützung von Natascha mehrmals online getroffen, um sich darüber auszutauschen, welche Forderung für uns sinnvoll wäre. Es waren Verena, Iris, Isa, Simone und ich. Es war nicht einfach, eine einzige Forderung zu formulieren, da die Lebensrealitäten von pflegenden Eltern so unterschiedlich sein können. Wie wäre es mit mehr Kinderkrankentagen für berufstätige Eltern? Oder wäre es nicht wichtiger, mehr politische Unterstützung zu bekommen, damit viele von uns wieder ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt finden und Pflege und Beruf besser vereinbaren können? Oder vielleicht für mehr Inklusion in den Schulen zu kämpfen? Wir könnten Bücher füllen mit politischen Forderungen! Aber die familiäre Situation von Simone Rouchi mit ihrem Drachenkind hat uns alle sensibilisiert für die große Ungerechtigkeit, die sie und viele andere erleben und die uns alle einmal treffen kann, nicht nur in der Klinik, sondern auch in der Reha oder im Hospiz. Deshalb fordern wir die Weiterzahlung des Pflegegeldes für alle stationären Aufenthalte von Kindern und Jugendlichen.

Da wir aber alle sehr begrenzte zeitliche Ressourcen haben, habe ich das Lavanja Team nach Unterstützung gefragt. Und was für eine tolle Zusammenarbeit!

05. Mai im München

Gemeinsam mit uns werden am 05. Mai um 11 Uhr auf der Bühne am Marienplatz in München folgende Forderungen an die Politik übergeben:

Der Aufbau der Familienkette ist auch mit finanziellem Einsatz verbunden. Jetzt brauchen wir Unterstützung! Jede Spende trägt dazu bei, unser Anliegen und die pflegende Elternschaft in familienpolitischen Themen sichtbarer zu machen.

Hier könnt ihr uns finanziell unterstützen.

Wenn ihr Kapazität habt, am 05. Mai, der eigentlich der europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ist, uns vor Ort zu helfen, schreibt dazu bitte eine Nachricht an barbara@kaiserinnenreich.de .

Ein Kommentar zu “Münchner Familienkette. Wir sind dabei!

  1. Vielen Dank für das Starten der Petition!
    Ein argumentativer Gedanke: Durch das Pflegestudiumstärkungsgesetz gibt es doch seit diesem Jahr keine Höchstanspruchsdauer mehr für Zahlung von Kinderkrankengeld. D.h., wenn erwerbstätige Eltern Verdienstausfall haben, bekommen sie Kinderkrankengeld bezahlt. Auch Arbeitslosengeldbeziehende erhalten Kinderkrankengeld. In der Folge sollten doch pflegende Angehörige (für die das Pflegegeld doch auch so etwas ist wie Gehalt -auf jeden Fall meist essenziell für den Lebensunterhalt!!) wenn schon nicht Anspruch auf Pflegegeld, dann wenigstens wie alle anderen Anspruch auf Kinderkrankengeld haben! Also mindestens! Noch besser natürlich Weiterzahlung des Pflegegeldes. Aber Wegfall jeglicher Zahlung geht gar nicht.

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