5:20 Uhr, los geht’s!

by Anna

Auf dem Bild sieht man eine Illsutration von Anna. Ihre Haare sind schulterlang, sie trägt eine Brille und roten Lippenstift.

Auf dem Bild sieht man eine Illsutration von Anna. Ihre Haare sind schulterlang, sie trägt eine Brille und roten Lippenstift.

[Ein Beitrag von Anna]

Der Wecker klingelt. Uff, so früh. Aber klar, unser Programm ist straff. Wenn die Kinder nicht um 6 Uhr aufstehen, schaffen wir all das nicht.

Mein Hirn fängt an zu rattern. Heute ist Dienstag, mein Mann verlässt nach dem Frühstück das Haus, wir müssen noch beide Mitteilungshefte schreiben. In denen kommunizieren wir mit der Klassenlehrerin und der stationären Tagesgruppe des Großen und den Erzieherinnen des Mittleren. Beide werden ja von Busshuttles abgeholt, so dass wir selten das pädagogische Personal sehen.

Ach ja, die Busse. Das war gestern wieder so ein Thema. Der eine stand schon lange da, so dass mein Großer nur noch Schal und Maske überwerfen konnte. An sich ist das nicht schlimm, wir waren gut in der Zeit. Aber ich mag das Gefühl nicht, dass jemand auf uns warten muss. Ich möchte nicht, dass man uns als die Familie wahr nimmt, die nichts auf die Reihe bekommt. Und das kostet erstaunlich viel Kraft. Der andere Bus kam 30 Minuten später. 30 Minuten, die ich mit dem Mittleren die Straße hoch und runter lief. In denen die Kleine im Wagen saß und wir an ihr vorbei zogen. Wieder und wieder. „…ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm und vor, zurück, zur Seite, ran, Hacke, Spitze, hoch das Bein.“ Das war an sich ganz schön, muss ich aber nicht jeden Morgen 30 Minuten lang haben.

Mein Mann denkt gleich an Lukas‘ Medikamente, getestet haben wir erst gestern. In dem Förderkindergarten, in den er seit letztem Jahr geht, wird immer noch regelmäßig getestet. Heißt aber auch, dass wir seit Monaten auf eigene Kosten Lollitests besorgen, weil Lukas keine Nasentests akzeptiert. Die wiederum bekommen wir vom Kindergarten. Und benutzen sie dann selber. Ah, das erinnert mich dran, neue Lollitests zu bestellen. Also Einkaufs-App öffnen und reintippen. Ah, Brot ist alle, Käse am Stück und Bananen auch. 5:38 Uhr, der Wecker snoozt, ich bin schon hellwach, weil mir dann eingefallen ist, dass wir ja die Nachmittagsbetreuung am Freitag noch absagen müssen. Gleich mal in unsere WhatsApp-ToDo-Liste rein damit.

Mein Kopf schweift ab zu dem Tagesabschnitt später, wenn alle Kinder aus dem Haus sind und ich kurz durchatmen kann. Bis dahin sind es noch 4 Stunden. Meistens esse ich ein zweites Frühstück zum Kaffee, weil nie ganz klar ist, wann ich wieder zum Essen kommen, wenn alle wieder da sind. Der Abschnitt beginnt wieder um 12:30 Uhr. Viele Jahre hatte ich Panik vor den langen Nachmittagen, an denen die Kinder daheim sind. Was machen wir nur stundenlang? Puzzles, Malen, Türme bauen bringen mir 20 Minuten. Fernsehen und Snacks noch mal 30 Minuten.

Heute gehen wir von einem Extrem ins andere. Erst ein bisschen Leerlauf, dann volle Kanne in den Stress mit Maya bei der Tagesmutter abholen, Lukas mit rein oder im Auto lassen, weiter zur Reittherapie, 25 Minuten Reiten, dann nach Hause rasen, pünktlich sein, wenn Simon heim kommt. Um 17 Uhr sind wir dann alle wieder da und ich werde fix und fertig sein. Die Erschöpfung spüre ich auch jetzt schon um 5:45 Uhr. Endlich kann ich mich aufraffen, um ins Bad zu gehen. Dort schau ich dann in den Spiegel und denke: „Ok, los geht’s!“

Warum ich das nicht können muss, aber schaffen will – Gedanken einer pflegenden Mutter zum europäischen Tag der pflegenden Angehörigen

by Gastbeitrag Kaiserinnenreich

Ein Gastbeitrag von Simone Rouchi (Instagram: @Simonerouchi / Facebook: @simonerouchi).

Die Geburt meines Sohnes hat mich zu einer pflegenden Angehörigen gemacht. Vor etwas mehr als sechs Jahren wurde ich eine pflegende Mama. Keiner erzählt werdenden Müttern, dass es pflegebedürftige Kinder gibt. Man klärt uns über das Ende auf, aber nicht über den Anfang. Man klärt uns darüber auf, dass wir Kinder mit Behinderung heutzutage nicht mehr bekommen müssen. Man klärt uns über Abtreibung und Pränataldiagnostik auf, aber nicht über ein gemeinsames Leben mit unserem Kind, das eine Behinderung hat.

Weiterlesen

Ihr Kind braucht Sie doch

by Bárbara Zimmermann

Was haben Mütter von behinderten und pflegebedürftigen Kindern in Deutschland und in Brasilien (ich bin selber Brasilianerin und bin gerade hier bei meiner Familie) gemeinsam? Dass der Staat und der große Teil der Gesellschaft ihnen den Rücken kehren. Das wird sehr deutlich, wenn sie der Erwerbsarbeit nachgehen wollen oder müssen. Während viele Feminist*innen dafür kämpfen, dass mehr Frauen in Führungspositionen in großen Konzernen kommen – was wichtig ist – kämpfen viele pflegende Mütter darum, überhaupt arbeiten zu können.

Weiterlesen